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Exklusivinterview mit Peter Ehrit

Vom traditionellen Handwerk bis hin zur digitalen Postproduction: Peter Ehrit weiß, wovon er spricht. Er ist ein „alter Hase” in der Fotografie und einer der ersten Kunden von Bildretusche24. Der Werbe- und Produktfotograf ist ein Pionier in der digitalen Fotografie und war einer der Ersten, der mit Bodypainting im Bereich der Produktfotografie experimentiert hat.

Br24 Blog Exklusivinterview mit Peter Ehrit: Porträt von Peter Ehrit „Fotografieren heißt übersetzt mit Licht malen. Es war faszinierend, im Labor die Entstehung des Bildes mit zu erleben, was heute durch die Digitalfotografie total verloren gegangen ist.”

Wir sprachen in einem Exklusivinterview mit Peter Ehrit über seinen Weg in die Werbe- und Produktfotografie, über seine interessantesten Projekte und was einen guten Produktfotografen ausmacht. Sowie den Wandel in der Fotografie und die Bedeutung von Bildbearbeitung heute.

Peter Ehrit Werbefotografie GmbH in Mülheim-Kärlich.
Br24 Blog Exklusivinterview mit Peter Ehrit: Studioansicht

Kurz gefragt
Wie bereit er sich auf ein Shooting vor? Zum erfolgreichen Shooting gehört ein gutes Briefing, in dem sich Kunde und Fotograf über Zielgruppe und Bildsprache einigen.

Sein Lieblingsfotograf? Helmut Newton. Da dieser in einer exzellenten emotionalen Bildkomposition provoziert.

Seine Lieblingskamera? Angefangen mit einer Minolta, fotografiert er heute am liebsten mit Canon und Phase One.

Sein interessantestes Projekt? Der Jahreskalender 1977 für die Firma Boge Stoßdämpfe, den er in kompletter Eigenregie und in nur sieben Tagen mit zwei Playboy Models umsetzte. Eine der beiden ist heute selbst eine hervorragende Fotografin in der internationalen Modewelt.

Seine Meinung zu CGI in der Fotografie? Ein großer Fan von CGI ist Herr Ehrit nicht, zu emotionslos und zu klinisch perfekt findet er sie.

Br24: Wie sind Sie zur Werbe- und Produktfotografie gekommen und was sind Ihre Spezialgebiete?

Peter Ehrit: Meine erste Kamera bekam ich mit acht Jahren, eine Agfa Box, dadurch habe ich meine Liebe zur Fotografie entdeckt. Mit 17 Jahren hatte ich meine erste Großbildkamera, eine SINAR Norma.

Während der Schulzeit war ich beim WDR in Köln freier Kameraassistent und habe festgestellt, dass das bewegte Bild für mich nichts war und habe mich daraufhin bei der Folkwang Schule in Essen beworben. Habe mehrere Semester bei Professor Dr. Otto Steinert absolviert. Danach habe ich einige Praktika bei verschiedenen Fotografen gemacht. Dann wurde ich Fotostudioleiter bei einer großen Werbeagentur in Köln.

Darauf folgten zwei Jahre Selbstständigkeit in Köln, mehrere Jahre freier Fotograf bei Neckermann, Otto Versand, Foto Herr, Werbeagentur Robert Pütz und anderen. 1977 bekam ich das Angebot als Studioleiter in einem großen Fotostudio in Koblenz.

1978 machte ich mich selbstständig und hatte seitdem fast ausschließlich mit Werbefotografie zu tun. Meine Studioleitung, Frau Marion Lauenstein und ich fotografierten hauptsächlich hochwertigen Schmuck z.B. Goldschmiede Hofacker, Cadeaux, Christ, für Fertighausfirmen wie z.B. Hufhaus, Kosmetik wie z.B. Douglas, Chopard, Lancaster, Bulgari. Wir haben viel für die ansässigen Werbeagenturen in Koblenz und großer Umgebung gearbeitet, dadurch viel für PointS, Jack Wolfskin, verschiedene Baumärkte, Werbeartikelfirmen.

1991 bauten wir ein eigenes Fotostudio in Mülheim-Kärlich. Dort konnten wir unseren Kundenstamm erweitern, zum Beispiel um die Firma Canyon Bicycles, im Foodbereich die Firmen Hack AG, Langnese, Shell deli2go, Kaufhof DINEA.

Unsere Spezialgebiete sind heute Food, Kosmetik, Schmuck, Produktaufnahmen im technischen und industriellen Bereich.

Br24 Blog Exklusivinterview mit Peter Ehrit: links Foto von drei Goldringen, rechts Foto eines Sandwiches

Können Sie sich noch an eines Ihrer ersten Projekte in diesem Bereich erinnern?

Eines meiner ersten großen Projekte war zum Beispiel die Umsetzung/Visualisierung eines Menschen aus Obst und Gemüse. Eines der interessantesten Projekte war die Visualisierung eines Jahreskalenders für die Firma Boge Stoßdämpfer in komplett eigener Regie mit zwei Playboy Models im Jahre 1977.

Sie sind schon lange im Bereich der Werbe- und Produktfotografie tätig, das Fotostudio Peter Ehrit gibt es bereits seit 1978. Worauf kommt es Ihrer Meinung nach in diesem Bereich besonders an? Was muss man selber mitbringen?

Voraussetzung für ein erfolgreiches Bild ist, dass man sich in den Endkunden hinein versetzen kann, um seine Wünsche verkaufsfördernd umzusetzen. Dazu benötigt es einer ausgefeilten Fotokenntnis und hohes handwerkliches Können. Das Wichtigste überhaupt ist das Auge, was auch die modernste Kamera nicht ersetzen kann, um ein gut gestaltetes Bild zu erreichen. „Das Bild entsteht nicht in der Kamera, sondern im Kopf.“

Häufig werden Produkte zu Hause in den eigenen vier Wänden fotografiert. Was sind die größten Unterschiede zwischen professioneller Produktfotografie und selbst gemacht?

Vom Kunden selbstfotografierte Produkte, teils mit Smartphones, sind ihm [Anm. d. Redaktion: dem Kunden] leider oftmals gut genug. Die Aufnahmen eines Profis dagegen sind deutlich besser bis sehr gut in Umsetzung von Gestaltung, Licht und Technik. Der Profifotograf ist ein „Lichtbildner“ und durch das bewusste Einsetzen von Lichtrichtung und Lichtcharakter wird ein Bild erreicht, welches zum „Eyecatcher“ wird und im Bewusstsein bleibt.

Br24 Blog Exklusivinterview mit Peter Ehrit: Studioansicht

Online präsent zu sein ist im Laufe der letzten Jahre immer wichtiger geworden. Kaum jemand kann es sich heute noch leisten, die eigenen Produkte und Leistungen nicht auch im Onlinebereich zu präsentieren. Sei es mit einer eigenen Webseite, in den Sozialen Medien, auf Online-Marktplätzen etc. Wie hat sich dieser Trend auf die Produktfotografie ausgewirkt? Haben sich die Anforderungen mittlerweile verändert?

Durch die geringe Auflösung und Schnelllebigkeit im Onlinebereich ist der Anspruch auf hohe Qualität leider sehr gesunken, weshalb viele ehemalige typische Fotografenkunden ihre Fotos heute in Eigenregie machen, ohne jegliche fotografische Erfahrung in Bezug zu Lichtführung und Gestaltung.

Dadurch haben sich die Anforderungen insofern verändert, dass nicht mehr Qualität, sondern oftmals nur Preis und Schnelligkeit wichtig sind.

Wie wichtig ist der Onlinebereich für Produktfotografie und spielt Print immer noch eine große Rolle?

Die Anforderung der Produktfotografie sollte für den Onlinebereich genauso hoch sein wie für den Printbereich, denn „das Auge isst mit“. Der Printbereich nimmt immer weiter ab, da gedruckte Kataloge oder Broschüren wesentlich länger brauchen, bis sie dem Kunden zur Verfügung stehen. Abgesehen von den zusätzlichen Kosten für den Druck und vor allen Dingen können sie nicht kurzfristig aktualisiert werden.

Br24 Blog Exklusivinterview mit Peter Ehrit: links Foto eines Mountainbikes, rechts Foto von zwei Parfumflakons

Sie arbeiten schon lange mit Bildretusche24 zusammen, seit dem Jahr 2010, um genau zu sein. Tatsächlich waren Sie sogar einer der ersten Kunden bei uns, was uns natürlich umso mehr freut. Wie wichtig ist die professionelle digitale Nachbearbeitung, die Postproduction, in der Produktfotografie?

Grundsätzlich sollte ein Fotograf Photoshop beherrschen und wissen, was hiermit zur Optimierung des Bildes möglich ist. Die Postproduction ist entscheidend, um das bereits perfekte Foto noch weiter zu optimieren, weil hierdurch optische Gesetze umgangen werden können. Durch die Heraushebung von wichtigen Details, das Entfernen von Produktfehlern (kein Produkt ist perfekt), und durch zum Beispiel „dodge and burn“ kann das Auge zwingend auf das Wesentliche geführt werden.

Welche Arbeiten bzw. Services werden am häufigsten durchgeführt oder vom Kunden angefragt? Gibt es hier Unterschiede, je nachdem, um welche Produkte es sich handelt?

Am häufigsten werden bei uns Freistellungen mit Pfad oder Maske angefragt, um das Produkt auf verschiedenste Weise zu nutzen. Freigestellt auf Weiß oder Farbfläche für einen schnellen Überblick im Online- und Printbereich. Außerdem werden die freigestellten Produkte häufig in Composings eingesetzt, wie zum Beispiel in Landschaften, virtuellen Hintergründen etc.

In der Autofotografie ist es fast unmöglich, das Fahrzeug in einer einzigen Aufnahme optimal darzustellen, deshalb werden einige 100, jeweils optimierte Detailaufnahmen gemacht, die dann zu einem Gesamtcomposing „perfektes Auto“ montiert werden.

Es gibt Unterschiede in der Postproduction je nach Produkt:
Einmal für die Sales-Anwendung einfache, technisch saubere Optimierung. Im Gegensatz zum Einsatz im Marketing- und Anzeigenbereich. Dort muss die Bildbearbeitung noch zusätzlich, wie oben beschrieben, verkaufsfördernd optimiert werden.

Es gibt Produkte, die fotografisch nur sehr schwer und extrem aufwendig umzusetzen sind, hier bietet sich die Möglichkeit eines Renderings, bei dem gleichzeitig „Innen und Außen“ gezeigt werden kann, wie zum Beispiel Heizungstanks, Querschnitte etc.

Wir empfinden diese Renderings oft als viel zu emotionslos und klinisch.

Ein echtes gutes Foto ist durch nichts zu ersetzen.